Simultaneous Engineering – Definition, Entwicklung und Vorgehen


Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Concurrent / Simultaneous Engineering
  2. Geschichte und Entwicklung von CE / SE
  3. Grundgedanken und Ziele des Simultaneous Engineering Verfahrens
  4. Organisation
  5. Vorgehen / Produktionsprozess
  6. Vor- und Nachteile
  7. Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Simultaneous Engineering

Was ist Concurrent / Simultaneous Engineering

Simultaneous Engineering (SE), im Amerikanischen synonym auch Concurrent Engineering (CE) genannt, bedeutet im Deutschen so viel wie „Integrierte Produktentwicklung“ und bezeichnet eine Handlungsweise in der Produktentwicklung. Die Handlungsweise initiiert eine Verbesserung der Abstimmung von Entwicklung und Produktion, da sich die Zeit der Entwicklung eines neuen Produktes reduziert und man nachfolgende produktionsbezogene Änderungen vermeidet.

Das Verfahren folgt dem Prinzip von nachgelagerten Prozessschritten. Sobald ein nachfolgender Prozessschritt genügend Information vom vorstehenden Schritt erhalten hat, wird mit dem nachfolgenden Prozess parallel begonnen. Das grundlegende Ziel ist es, alle prozessorientierten, respektive produktorientierten Schnittstellen zu koordinieren und alle Prozessschritte von der Idee bis hin zum fertigen Endprodukt zu parallelisieren und nicht Schritt für Schritt nacheinander ablaufen zu lassen.

Geschichte und Entwicklung von CE / SE

Die Idee zum Simultaneous Engineering entstand in einer Zeit, in der die Arbeit von Entwicklern und Ingenieuren (Konstruktion, Planung, Entwicklung, Fertigung etc.) insbesondere zeitlich gesehen stark von ihrem Umfeld abhängig war. Durch die Abhängigkeit von bestimmten Prozessschritten und deren Fertigstellung kam es teils zu größeren Wartezeiten, bevor man mit dem nächsten Schritt starten konnte. Vor allem mit Blick auf einen omnipräsenten Innovationsdruck kosten solche Verzögerungen viel Zeit und Geld.

Früher wurde jede Verantwortlichkeit ins kleinste Detail geklärt und die einzelnen Abteilungen waren fest in das Unternehmen verankert. Um dem entgegenzuwirken, kamen erste Ideen auf, inwiefern man den Prozess durch Parallelisierung oder Reduktion von Arbeitsschritten verbessern könne. Außerdem sollten sowohl innere als auch die äußere Iteration reduziert werden, was ebenfalls eine Einsparung der Zeit zur Folge hätte. Besonders in der Parallelisierung von Arbeitsschritte sah man großes Potenzial. Die Umsetzung davon lag an drei wesentlichen Punkten, welche den Grundstein für das Simultaneous Engineering bilden:

  • Einerseits muss für die Produktgestaltung jeder einzelne Prozessschritt eindeutig modelliert sein
  • Es muss eine klare Definition der Schnittstellen vorliegen 
  • Die Prozessschritte müssen unabhängig voneinander sein.

Grundgedanken und Ziele des Simultaneous Engineering Verfahrens

Der Grundgedanke des Simultaneous Engineering besteht darin, dass alle prozessorientierten und produktbasierten Schnittstellen koordiniert und die Gesamtheit der Prozesse, die an der Schaffung und Einführung des Produktes beteiligt sind, parallelisiert werden und nicht nacheinander ablaufen. Daraus erhoffen sich Unternehmen eine enorme Einsparung und Verkürzung von Entwicklungszeit. Es wird dargelegt, dass in der betrieblichen Praxis bis zu 50 % Zeiteinsparung erreicht wird. Hinzu kommt, dass die intensivere Zusammenarbeit der verschiedenen Schnittstellen eine qualitative Erhöhung des Entwicklungsprozesses an sich hat. Des Weiteren besteht die Möglichkeit externe Leute in das Simultaneous Engineering System einzubeziehen. Für erfolgreiches SE wird ein Projektleiter ausgewählt, der die Verantwortung über die Entscheidung von Idee bis hin zur Markteinführung hat. In der Hierarchie dem Projektleiter unterstellt befinden sich die verschiedenen SE-Teams. Zum einen gibt es die SE-Projektteams, die direkt dem Projektleiter unterstehen und zum anderen die SE-Satellitenteams, die wiederum den SE-Projektteams in der Hierarchie unterstehen.

Organisation 

Simultaneous Engineering zeichnet sich organisatorisch durch eine extreme Parallelisierung von Projektarbeiten, das Bilden von bereichs- oder unternehmensübergreifenden SE-Projektteams und einem kompetenten Projektleiter aus. 

Mit der Parallelisierung geht eine hohe Anfälligkeit von Fehlarbeit einher. Bereichsübergreifende Teams ersetzen die bereichsinterne Bearbeitung einzelner Projektphasen. Dafür werden aus den zugehörigen Unternehmensbereichen, sowie von Lieferanten, die für den Prozess wichtig sind, Mitglieder für ein sogenanntes SE-Steuerungsteam entsendet. Hinzu können auch noch SE-Satellitenteams kommen, die sich in den Abteilungen oder bei den Lieferanten positionieren. Dennoch liegt die Koordination zwischen den Teams bei dem SE-Steuerungsteam. Durch dieses Organisationsschema sollen eventuelle Kommunikationsprobleme zwischen den betroffenen Teams umgangen werden wie beispielsweise:

  • doppelte Planung für das gleiche Projekt,
  • schlecht kommunizierte Hierarchie,
  • Produktionsanläufe mit falschem Werkzeug oder Anlagen.

Die Voraussetzung für eine strukturierte und funktionierende Teamarbeit stellt eine gemeinsame IT-Landschaft dar, die von CAM/CAD-Daten bis hin zu Projektplanungs- und Steuerungsdaten umfasst. 

Die höchste Position in einem SE-Prozess ist dem Projektleiter zugeschrieben. Dieser ist von der Marktanalyse bis zur Realisierung des Produktes für alle dazugehörigen Aufgaben verantwortlich. Das SE-Steuerungsteam ist dem Projektleiter unterstellt. Durch eine Matrixstruktur wird das Arbeiten in den Fachabteilungen und bei den Lieferanten unterstützt. Mithilfe eines Machtpromotors in der Geschäftsleitung wird die Priorisierung vorgenommen.

Vorgehen / Produktionsprozess

Die ursprüngliche Idee von Entwicklungsprozessen, dass ein neuer Prozessschritt nur auf einen abgeschlossenen Prozessschritt folgen kann, trifft auf das Simultaneous Engineering nicht zu. Beim SE wird ein neuer Prozessschritt angestoßen, sobald genügend Informationen aus dem Schritt davor vorliegen. Dadurch ist die Methode des Simultaneous Engineering sehr aufwendig in Sachen Kommunikation. Jeder Prozessschritt muss sich mit den aktuellen Situationen aus den anderen Schritten auseinandersetzen und diese bei Änderungen implementieren. Dennoch können durch den stetigen Austausch konstruktionsbedingte Fehler früher erkannt und dadurch rechtzeitig angepasst werden. Außerdem sind herkömmlicherweise die Produktentwicklung und die Produktionsplanung zwei voneinander getrennte ablaufende Schritte.

Üblicherweise wird das Produkt zunächst ausgearbeitet und im Anschluss werden die maschinellen Produktionsstätten dafür geplant. Beim Simultaneous Engineering dagegen beginnt die Planung der Produktion deutlich früher. Sobald ein Prototyp des gewünschten Produktes feststeht, beginnt der Planungsprozess der Produktion. Die finale Entwicklung läuft dazu parallel weiter und es herrscht ein ständiger Austausch an Informationen zwischen den Bereichen. Der durchgehende Informationsaustausch und die interdisziplinäre Zusammenarbeit führen zu einer Erhöhung der Qualität des Produktes sowie des Entwicklungsprozesses. Hier werden die Vorteile von SE sichtbar, da die durchgehende Kommunikation mögliche Produktionsfehler direkt ausmerzt. Im Vergleich zu den herkömmlichen Entwicklungsprozessen wird die Gefahr, dass das Produkt fehlerhaft ist und diese Erkenntnis am nach allen Prozessschritten eintrifft, minimiert. Diese Erkenntnis und die dadurch resultierenden Änderungen werden durch Simultaneous Engineering frühzeitig erkannt und behoben.

Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • Schnellere und flexiblere Projektdurchführung: Mithilfe von Simultaneous Engineering entsteht die Möglichkeit, die Entwicklungszeiten um 25 bis 50 % zu verkürzen. Entstandene Verzögerungen können im weiteren Verlauf des Projektes durchaus wieder eingeholt werden. Durch die Parallelisierung kann auf veränderte Anforderungen des Marktes und Kundenwünsche schneller und agiler reagiert werden.
  • Bessere bereichsübergreifende Zusammenarbeit: Die SE-Struktur schafft es, die Barrieren zwischen den beteiligten Unternehmensbereichen zu überwinden. Know-how und Anforderungen anderer Schnittstellen gelangen dadurch schneller in das Projekt ein. Die Gefahr von Informationsverlusten bei der Übergabe von Arbeitsresultaten zwischen den Schnittstellen ist geringer. Die Mitarbeiter in den SE-Teams zeichnen sich durch ein höheres Verantwortungsbewusstsein, durchgängige Kommunikation und ein stärkeres gesamt-unternehmensbezogenes Denken aus.
  • Bessere Ergebnisqualität: Das frühzeitige und intensive Testen von Mustern und Prototypen hat den Vorteil, dass Probleme drastisch früher erkannt und behoben werden. Das Endergebnis sind wohldurchdachte, qualitativ bessere Produkte. Sowohl der Aufwand als auch die Kosten von späteren Änderungen können deutlich reduziert werden.

Nachteile:

  • Nachträgliche Änderungen: Eine nachträgliche Änderung in der Anfangsphase eines Projektes schlägt auf Folge-Bereiche viel wuchtiger und kostenintensiver ein als bei einer phasenweisen Projektbearbeitung.
  • Gleichzeitige Projekte: Die simultane Bearbeitung mehrerer SE-Projekte gestaltet sich als äußerst kompliziert. Das kommt durch die sehr enge Terminsetzung, sowie unklare Prioritäten, Personal- und Kapazitätsengpässe zustande.
  • Projektleitung: Simultaneous Engineering erfordert eine kompetente Projektleitung, da es schlechtes Leadership schnell durch die eng getakteten Termine abstraft. Dadurch hat inkompetente Teamleitung gravierende Fehlleistungen zur Folge im Vergleich zu klassischen Organisationsformen.
  • Einhaltung von Hierarchie: Simultaneous Engineering ist anfällig für eine gewisse Überschreitung von Hierarchie. In der Praxis werden insbesondere ein gewisses Elite-Denken und Kompetenzüberschreitungen beobachtet. Dadurch können in SE-Teams und den beteiligten Fachabteilungen Abwehrhaltungen entstehen. 

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Simultaneous Engineering

Was versteht man unter Simultaneous Engineering?

Simultaneous Engineering ist eine Methode zur Verkürzung des Zeitraums von der Idee des Produktes bis hin zur Markteinführung. Bei SE wird auch von der integrierten Produkt- oder Prozessentwicklung gesprochen. Das Ziel ist es Arbeitsschritte parallel durchzuführen und dadurch Zeit und Kosten einzusparen. Simultaneous Engineering verbessert den herkömmlichen Entwicklungsprozess und löst ihn ab.

Was ist der SE Prozess?

Der SE-Prozess unterscheidet sich vom gängigen Entwicklungsprozess dahingehend, dass bei Simultaneous Engineering der nächste Prozessschritt dann beginnt, sobald genügend Informationen aus dem davorliegenden Schritt bekannt sind. Dadurch können mögliche Fehler früher erkannt und ausgebessert werden. Der durchgehende Informationsaustausch und die Kommunikation führt während des SE-Prozesses zum Erfolg. Konstruktion und Planung laufen durch die Parallelisierung effizienter und kostengünstiger ab.

Sind Simultaneous Engineering und Concurrent Engineering das Gleiche?

Ja, Simultaneous Engineering und Concurrent Engineering sind das Gleiche. Concurrent Engineering ist lediglich der amerikanische Begriff und heißt übersetzt ins Deutsche “verteilte gleichzeitige Entwicklung”. Es gibt keinerlei Unterschiede für das Vorgehen der Prozesse und dem Aufbau der Teams. Lediglich die Bezeichnungen unterscheiden sich in den unterschiedlichen Sprachen.

Was sind die Ziele von Simultaneous Engineering und Concurrent Engineering?

Durch den ständigen Innovationsdruck sind die Ziele des Simultaneous Engineering vor allem die Reduzierung der Entwicklungszeiten von der Idee des Produktes bis zur finalen Markteinführung. Dadurch lassen sich maßgeblich Kosten einsparen, das wiederum auch ein ausgegebenes Ziel von SE ist. Grundsätzlich gilt es durch die Einführung von Simultaneous Engineering den langwierigen Entwicklungsprozess effizienter und für Unternehmen rentabler zu gestalten. 

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